Der Rückschlag

Manchmal denkt man, man ist auf einem guten Weg und dann kommt plötzlich der große Rückschlag - und wirft einen völlig aus der Bahn.
Aber fangen wir von vorne an.

Wie es mir in letzter Zeit ging

Seit Januar gab es keinen neuen Blogeintrag von mir – teils, weil ich beruflich gut eingespannt war, aber auch, weil ich mich mehr auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren wollte. Und das hat erstaunlich gut funktioniert.

In den letzten Monaten hatte ich genug Energie, um neben dem Job auch Neues auszuprobieren:
Ich habe einen Windsurfkurs gemacht, war regelmäßig bouldern und habe mich oft an neuen veganen Rezepten versucht. Außerdem habe ich an meiner Schlafqualität gearbeitet, mich mehr um meine psychische Gesundheit gekümmert – und mich endlich richtig in meinem neuen Wohnort eingelebt.

Auch körperlich ging es mir relativ lange besser: Anfang des Jahres waren meine Schmerzschübe noch halbwegs berechenbar – sie traten zyklisch auf und ließen sich dadurch besser vorhersehen. Doch in den letzten paar Monaten änderte sich das: Die Schmerzen traten immer öfter zwischendurch auf und ich brauchte immer öfter Schmerzmedikation.

Extremste Schmerzen aus dem Nichts

Dann kam dieser eine Samstag. Es war ein sonniger Tag, wir waren am Strand, und auf dem Rückweg saß ich auf meinem Fahrrad. Alles schien gut. Doch plötzlich traf es mich aus dem Nichts.

Zuerst dachte ich, es seien nur die üblichen Krämpfe – unangenehm, aber für mich nichts Ungewöhnliches. Doch innerhalb von ein, zwei Minuten wurden die Unterleibsschmerzen so heftig, dass ich mich kaum noch auf dem Rad halten konnte. Ich stieg ab und konnte mich gar nicht mehr aufrichten. Gekrümmt schleppte ich mich vom Radweg, klammerte mich an ein Geländer, während die Schmerzen mich wie Wehen überrollten. Sie raubten mir den Atem, ließen alles um mich herum kreisen und verschlugen mir die Sprache. Ich konnte nicht mal mehr sagen, was los war. Nur stöhnen, verkrampfen, durchhalten.

Zum Glück war mein Freund dabei. Er kannte solche Situationen aus der Vergangenheit und wusste, was mit mir los war. Ich selbst war komplett gelähmt vor Schmerzen – weder gehen noch sitzen konnte ich, so sehr war meine Körpermitte verkrampft. Diese Art von Schmerz ist schwer zu beschreiben – aber „Vernichtungsschmerz“ trifft es wohl am ehesten. Ich dachte wirklich, ich überstehe die Schmerzen nicht und wünschte mir in diesem Moment einfach nur, dass es endlich vorbei ist – egal wie.

Mein Freund wollte einen Rettungswagen rufen, aber ich lehnte ab. Ich hatte zu viele schlechte Erfahrungen mit Notaufnahmen und Endometriose gemacht. In dem Zustand konnte ich mir beileibe nicht vorstellen, in einer Notaufnahme in einem Wartezimmer zu landen mit den Schmerzen stundenlang auf einem Stuhl auszuharren und am Ende doch keine Hilfe zu erhalten.

Also versuchte er, ein Taxi zu rufen – vergeblich. (Urlaubssaison in einem Touri-Ort...) Selbst ein Auto der DLRG, das vorbeifuhr, nahm mich auf Handzeichen nicht mit. Am Ende erreichte mein Freund glücklicherweise eine Freundin, die mich mit dem Auto abholte und nach Hause brachte. Dort ließ der Schmerz mit starken Medikamenten und Wärme allmählich nach. Aber ich fühlte mich den Rest des Abends, als hätte ich den Ironman hinter mir: Beine wie Wackelpudding, benebelter Kopf, völlige Erschöpfung.

Und in meinem Kopf war nur ein Gedanke:

Ich stehe wieder am Anfang.

Alles, was ich mir über die letzten Jahre zur Eindämmung der Endometriose angeeignet hatte, schien keine Rolle zu spielen. Denn sie war weiter da und konnte mich ohne Vorwarnung in die Knie zwingen.

Ein Weg mit einem Bahnübergang

Vernichtungsschmerzen durch Endometriose: Wie eine kreuzender Zug, der plötzlich durchrauscht und dich zum Stillstand zwingt.

Warum schreibe ich hierüber?

Zum einen, um zu zeigen: Endometriose folgt keinen Regeln. Ich dachte, ich hätte die Krankheit einigermaßen im Griff – aber letztlich macht sie, was sie will. Ich kann nur versuchen, mich immer wieder neu anzupassen.

Konkret heißt das für mich:

  • Vorbereitung auf Notfälle: Seit diesem Vorfall habe ich immer ein starkes Notfallmedikament dabei – und einen Infozettel in der Tasche, falls ich mich vor Schmerzen nicht mehr artikulieren kann.

  • Weiterhin neue Strategien entwickeln: Gibt es noch etwas, das ich tun kann, um meinen Körper besser zu unterstützen? Noch gezielter essen, mehr Bewegung, andere Therapien?

  • Wieder Mut fassen: Ich merke, dass mich dieser Vorfall ausbremst. Allein Ausflüge zu unternehmen macht mich nervös. Ich muss also wieder an meinem Körpervertrauen arbeiten.

Zum anderen schreibe ich diesen Text auch für mich, um das Erlebte loszuwerden.
Denn dieser Vorfall hat Spuren hinterlassen. In mir schwelt seither eine Angst vor dem nächsten Notfall. Angst, dass ich in einem solchen Fall allein bin und mir niemand helfen kann – oder ich vor Schmerzen ohnmächtig werde (was nicht das erste Mal wäre) und dies an einem unsicheren Ort geschieht.

Aktueller Stand

Nach dem Vorfall war ich zur Abklärung im Endometriosezentrum. Glücklicherweise konnte mit nach Schilderung der Schmerzen kurzfristig einen Termin ergattern.

Allerdings brachte die Untersuchung keine wirklich neuen Erkenntnisse. Die Adenomyose sei weiterhin deutlich ausgeprägt und gut sichtbar. Weitere Endometrioseherde konnten im Ultraschall nicht erkannt werden. Natürlich ist mir bewusst, dass es Herde geben kann, die nur bei einer Bauchspiegelung sichtbar werden. Aber möchte ich wirklich noch einmal eine Bauchspiegelung? Eigentlich nicht.

Mein Wunsch wäre es, um eine weitere OP herumzukommen. Die letzte Bauchspiegelung hatte ja nicht viel an meinen Beschwerden verändert und war nicht wie erhofft gelaufen. Sollten man außerdem bei einer OP keine größeren Herde entdecken, wäre die Ursache meiner Beschwerden wahrscheinlich die Adenomyose. Und eine Hysterektomie – oder eine erneute Hormontherapie – kann ich mir im Moment einfach nicht vorstellen.

Es stehen also viele Überlegungen im Raum.

Vorerst habe ich für mich beschlossen, weiter an meiner Lebensqualität zu arbeiten: mehr Ausgleich zum Job, gesündere Routinen, mehr Fokus auf mein seelisches und körperliches Wohlbefinden. Vielleicht kann ich der Endometriose so ein Stück weit den Wind aus den Segeln nehmen.

Und für den Notfall habe ich nun ein Notfallmedikament in der Tasche.

Die Suche nach dem richtigen Weg geht also weiter…

Regenbogen in düsterem Wetter über einem Feld
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Wie ich meine Endo-Schmerzen durch Ernährungsumstellung linderte